Change Management: So meistern Unternehmen die Umstellung auf SAP S/4HANA

Erfolgsfaktoren für einen reibungslosen Wechsel

Was ist SAP S/4HANA?

SAP S/4HANA ist die neueste ERP-Lösung von SAP, die auf der In-Memory-Datenbank SAP HANA basiert und es Unternehmen ermöglicht, ihre täglichen Geschäftsprozesse in Echtzeit zu steuern. SAP hat angekündigt, den Support für ältere ERP-Systeme wie SAP ECC (ERP Central Component) ab 2027 einzustellen, mit einer verlängerten Wartungsoption bis 2030. Nach diesem Zeitpunkt werden keine weiteren Updates oder Sicherheits-Patches für diese Versionen bereitgestellt. Daher sollten Unternehmen rechtzeitig auf SAP S/4HANA umsteigen, um langfristige Unterstützung zu sichern und von den Vorteilen der neuen Technologie zu profitieren.

Matthias Schulte

Nicht nur Upgrade, sondern Change 

Matthias, die Umstellung auf SAP S/4HANA stellt viele Unternehmen vor eine große Herausforderung. Kannst du kurz einordnen, was die Umstellung für Unternehmen bedeutet und warum sie so weitreichend ist? 

SAP S/4HANA ist nicht einfach nur ein Upgrade der bestehenden SAP-Systeme; es ist eine völlig neue Software-Generation. Unternehmen stehen vor einer technologischen Kerntransformation – eine Operation am offenen Herzen – die mit großen finanziellen Investitionen verbunden ist. Dementsprechend groß sind die Erwartungen der Stakeholder.  

Die Umstellung bedeutet und bietet die Chance, dass Unternehmen ihre bisherigen Geschäftsprozesse zielgerichtet überdenken und optimieren können bzw. sogar müssen. Es reicht nicht aus, und es ist auch in keiner Form sinnvoll, einfach die alte Software durch die neue zu ersetzen. 

Das Upgrade auf SAP S/4HANA ist also mehr als ein technologischer Schritt? 

Genau, es erfordert eine detaillierte Analyse und häufig auch eine Neugestaltung von Prozessen, um die neuen Möglichkeiten, die SAP S/4HANA bietet, voll auszuschöpfen. Dies ist besonders herausfordernd, da es nicht nur technische Aspekte betrifft, sondern auch organisatorische. Abteilungen müssen enger zusammenarbeiten, die vielgenannten „Silos“ müssen aufgebrochen werden, und die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden, ändert sich. Kurz gesagt: Es ist nicht nur ein technologisches Projekt, sondern eine umfassende Transformation, die viele Unternehmensbereiche betrifft. Umso mehr ist hier ein kluges Change Management von hoher Relevanz, um diese Transformation erfolgreich bewältigen zu können. 

Kannst du erläutern, welche Rolle Change Management bei einer solchen Umstellung genau spielt? 

Ein reibungsloser technischer Rollout ist nur die halbe Miete. Ohne ein kluges Change Management riskiert man, dass die Akzeptanz der neuen Technologie bei den Mitarbeitenden fehlt und dass „alte Gewohnheiten“ sich wieder durchsetzen und intern zahlreiche Workarounds geschaffen werden, um die Veränderung im eigenen Erleben klein zu halten und gleichzeitig „das Neue“ abzulehnen. Es geht darum, den Menschen im Unternehmen den Sinn und auch die Notwendigkeit einer Veränderung zu vermitteln, Verständnis zu schaffen, ihre Meinungen und Erfahrungen anzuhören und einzubinden und ihnen über verschiedene Wege und Formate den Zugang zum „Neuen“ bedarfs- und zielgruppengerecht zu ermöglichen. 

Beim Change Management begleiten wir den gesamten Umstellungsprozess, von der Planung über die Implementierung bis hin zur Nachbetreuung. Es beginnt dabei immer mit der Kommunikation eines klaren Zielbilds: Was genau wollen wir mit der Umstellung auf S/4HANA erreichen? Welche Mehrwerte wird uns das als Organisation und den Menschen in der Organisation bringen? Wie genau wollen wir dieses Zielbild erreichen? Wie werden wir die Mitarbeitenden auf diesem Weg begleiten? Etc.

Der Faktor Mensch

Was sind denn die größten Herausforderungen, die es durch Change Management zu lösen gilt? 

Diese liegen erfahrungsgemäß vor allem in der menschlichen Komponente.

  • Erstens, Widerstände seitens der Mitarbeitenden: Sie sind oft skeptisch gegenüber neuen Technologien, Prozessen und den damit verbundenen kommunizierten Zielen; und sie haben dafür aus ihrem eigenen Erleben heraus häufig auch viele gute Gründe. Zudem liegt es auch in der menschlichen Natur, eher das Bestehende zu bewahren, als sich offen und konstruktiv dem Neuen zu widmen. Von daher ist bei jeder Form von Veränderung in einem Unternehmen grundsätzlich mit Opposition – offen oder verdeckt gezeigt – zu rechnen. 
  • Zweitens, die Komplexität der Transformation: Die Umstellung betrifft viele, wenn nicht alle Geschäftsbereiche und erfordert daher ein tiefes Verständnis der neuen Prozesse und der damit verbundenen Ziele. Und das wiederum bedeutet, dass viele alte und etablierte Gewohnheiten aufgegeben und neue Abläufe gelernt und trainiert werden müssen. Das ist ein hoher Aufwand an Zeit und eine intensive kognitive Energieleistung für alle Beteiligten – und beides sorgt damit für ein hohes Maß an zusätzlicher Belastung in der Organisation.  
  • Drittens, Kommunikationsprobleme: Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen in solchen Umstellungsprozessen zumeist zu wenig, nicht zielgruppengerecht und vor allem über die relevanten Führungsebenen nicht einheitlich kommunizieren. Das richtige Maß an Kommunikation zu finden, ist dabei natürlich nicht einfach, aber gerade auf dieser Ebene werden häufig entscheidende Fehler gemacht. 

Inwiefern erfordert die Umstellung auf SAP S/4HANA auch einen kulturellen Wandel innerhalb des Unternehmens, und wie kann dieser Wandel unterstützt werden? 

Sie bringt neue Arbeitsweisen und eine höhere Vernetzung zwischen Abteilungen mit sich. Unternehmen, die traditionell in den vielzitierten „Silos“ denken und arbeiten, verändern sich in eine stärker kollaborative und datengesteuerte Kultur. Das bedeutet: mehr Echtzeit-Insights und damit mehr Transparenz, mehr Eigenverantwortung, mehr Geschwindigkeit, höhere Erwartungen, offenere und direktere Kommunikation und Vieles mehr. Aber es bedeutet häufig eben auch: mehr Konfliktpotenzial zwischen Bereichen und zwischen Menschen. 

Ein kultureller Wandel ist nicht „einfach so“ zu gestalten. Und wenn man ehrlich ist, ist die Frage, ob man eine Unternehmenskultur verändern kann, eine Frage, die sicherlich sehr kontrovers diskutiert wird in Expertenkreisen. Grundsätzlich kann ich aber aus Erfahrung heraus sagen, dass über den pragmatischen Dreiklang von „Informieren“ (Sinn, Ziele und Mehrwerte verständlich vermitteln), „Beteiligen“ (Erfahrungswissen, Kompetenz und Meinungen der Mitarbeitenden berücksichtigen und einbinden) und „Befähigen“ (passende Qualifizierungsformate, die Menschen wirklich helfen, in veränderte Denk- und Arbeitsweisen hineinzufinden) schon eine ganze Menge an positiven Effekten gewonnen werden können. 

Change Management ist der Schlüssel, um aus einer technischen Umstellung eine echte Transformation zu machen – nur wenn Menschen den Wandel mittragen, kann er nachhaltig erfolgreich sein.

Matthias Schulte, Partner bei MUUUH! Consulting

Welche Rolle spielen Führungskräfte dabei? 

Sie agieren als Multiplikatoren und Vorbilder im Veränderungsprozess. Sie müssen das Zielbild hinter der Veränderung zielgruppengerecht kommunizieren und den Mitarbeitenden den Sinn und die Mehrwerte neuer Arbeitsweisen verständlich und attraktiv machen. Zudem haben sie die Aufgabe, Befürchtungen und Widerstände frühzeitig zu erkennen und aktiv anzugehen. Ihre Unterstützung und ihre Präsenz sind ganz entscheidend, um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen und deren Bereitschaft und Engagement aufrechtzuerhalten. 

Führungskräfte müssen auch sicherstellen, dass ihre Teams die notwendigen Ressourcen, Qualifizierungen und Unterstützung erhalten, um die Umstellung erfolgreich zu bewältigen. Sie sollten zudem regelmäßig Feedback einholen und als Ansprechpersonen für Fragen und Bedenken jederzeit zur Verfügung stehen. Kurz gesagt, sie schaffen die Verbindung zwischen den strategischen Zielen des Unternehmens und den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden während des Wandels.

Du hast vorhin auch das Thema Kommunikation angesprochen. Wie sollte die Kommunikationsstrategie aussehen, um die Belegschaft auf die Umstellung auf SAP S/4HANA vorzubereiten? 

Nun, bevor ich mich an dieser Stelle in Allgemeinplätzen verliere und Dinge sage, wie z.B. „ganzheitlich“, „umfassend“ oder so, geben die beiden Schaubilder ja vielleicht eine ganz gute erste Indikation für dieses Thema. Und ansonsten helfen meine Kontaktdaten weiter, wenn Unternehmen es genauer wissen möchten. Denn eine Kommunikationsstrategie sollte immer speziell auf die Bedürfnisse und die bereits vorhandenen Voraussetzungen eines Unternehmens (Kanäle, Formate etc.) ausgerichtet sein. 

Erfolgreiche Veränderung „lebt“ insbesondere vom „emotional Einsicht schaffen“, von einer klaren Vorstellung von Ziel und Weg sowie der Fähigkeit und den Ressourcen, die für eine konsequente Umsetzung erforderlich sind. Die initiale und begleitende Kommunikation ist das zentrale Vehikel, um Menschen in Organisationen Zugang zu Verständnis für Hintergründe, Notwendigkeiten und Chancen zu geben.

Welche abschließenden Empfehlungen würdest du Unternehmen geben, die sich gerade am Anfang ihrer SAP S/4HANA-Umstellung befinden und den Change Management-Prozess noch vor sich haben? 

Mein erster Rat ist immer, die Umstellung als Chance für eine nachhaltige Optimierung zu betrachten und nicht nur als rein technologisches Projekt. Das gilt für ERP-Systeme genauso wie für alle anderen Technologie-unterstützten Veränderungen (CRM, Contact-Center-Lösungen etc.). Suchen Sie sich frühzeitig Unterstützung im Change Management, um eine Strategie zu entwickeln, die alle Stakeholder einbezieht und entwickeln Sie zunächst eine klares und kommunizier-fähiges Zielbild für den Transformationsprozess. Und bitte betrachten Sie Change Management von Anfang an als hoch-relevanten und integralen Bestandteil des Projekts. 

Ansprechpartner

Matthias Schulte

Partner
Seit Anfang 2000 ist der diplomierte Psychologe fester Bestandteil des Teams von MUUUH! Consulting. Er berät und begleitet bis heute...

Telefon: +491703736886
E-Mail: matthias.schulte@muuuh.de

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