Contact Center Virtualisierung

Neue Möglichkeiten durch Cloud-Lösungen

Gemeint sind damit vor allem die technischen Grundlagen für eine Arbeit von Zuhause. Im Homeoffice sollen dieselben Tools, Systeme und Funktionalitäten zur Verfügung stehen, die normalerweise im Büro genutzt werden.

Im Bereich der Contact Center gibt es diese Entwicklung schon seit vielen Jahren. Speziell der Wunsch, externe Dienstleister in das Routing der zumeist telefonischen Kontakte einzubinden, führte bereits Anfang des Jahrtausends zu einer ersten Virtualisierungswelle. Dabei wurden jedoch eher verschiedene Standorte – auch über Ländergrenzen hinweg – viel enger über zentrale Routing-Plattformen und MPLS Netzwerke „virtualisiert“. Dies hatte zum Ziel, alle Mitarbeiter der unterschiedlichen Standorte oder Unternehmensteile und Dienstleister in einer logischen Routing-Instanz zu zentralisieren, geographisch jedoch zu virtualisieren. Schon damals entstanden die technischen Grundlagen für die ersten Heimarbeitsplätze – eine Option, die in unterschiedlicher Intensität von den Unternehmen genutzt wurde.

In den meisten Fällen haben dazu Kundenservice-Unternehmen selbst diese Infrastruktur im eigenen Server-Raum oder einem Rechenzentrum aufgebaut und die verschiedenen Standorte angebunden. Später haben dann Technologieanbieter gehostete Lösungen mit gleicher oder ähnlicher Funktionalität angeboten, wobei es sich bei deren Plattformen meist um herkömmliche, wenn auch schon IP-basierte ACD- oder Multi-Channel-Lösungen handelte.

Neben der Telefonie mussten natürlich auch sämtliche weiteren Kanäle wie E-Mail, Chat oder Messaging – eben Multi- oder Omni-Channel – von den Agenten in der virtualisierten Umgebung bedient werden können.

Innovative Cloud

Mit der Verfügbarkeit der Cloud-Infrastrukturen von AWS, Azure und anderen ergeben sich für die Technologieanbieter, aber auch für Anwender, völlig neue Möglichkeiten.

Die wesentlichen Vorteile umfassen

  • die stufenlose und nahezu grenzenlose Skalierbarkeit
  • die weltweite und unterbrechungsfreie Verfügbarkeit
  • die kontinuierliche Optimierung der Lösung durch eine agile Entwicklung in kurzen Sprints, die zu regelmäßigen, kurzfristigen Updates führt
  • der einfache Zugriff über das Internet, in der Regel über browserbasierte Oberflächen

Folgende zwei Punkte bedürfen allerdings einer besonderen Beachtung.

  • Die Anbindung an die Carrier (#Telefonie) muss in dem jeweiligen Land gewährleistet werden.
  • Im Sinne des Datenschutzes muss der Ort der Datenspeicherung eindeutig geklärt und vertraglich vereinbart sein.

 

Sowohl Anbieter als auch Nutzer müssen sich dann jedoch nicht um die eigentliche Infrastruktur kümmern. Diese stellen die Cloud-Anbieter sicher – und das häufig in einem Maße, wie es die Serviceanbieter hinsichtlich Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und auch Sicherheit kaum selbst gewährleisten können.

Diese neuen Infrastrukturen ermöglichen dem Nutzer via Internet einen sehr einfachen Zugriff von jedem Ort der Welt aus. Darüber hinaus tragen moderne Übertragungsprotokolle dazu bei, dass sowohl in der Anbindung wie auch auf dem Client des Agenten keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Übertragung der Kundenkontakte in unterschiedlichen Kanälen wie Telefonie, Video aber auch Chat werden via WebRTC sehr effizient, in hoher Qualität und abgesichert vorgenommen.

Kurz: Ein Contact-Center-Agent kann heute sehr einfach und effektiv aus dem Contact Center, von einem entfernten, separaten Standort oder auch aus dem Homeoffice mit Internetversorgung arbeiten.

Contact-Center-Lösungen und Funktionalitäten

Der Anwender möchte auch in einer virtualisierten Umgebung sämtliche Funktionalitäten, die er aus seiner über Jahrzehnte entwickelten ACD oder Multi-/Omni-Channel-Lösung gewohnt ist, nutzen können. Die Lösungen, die heute angeboten werden, sind vor unterschiedlichen Hintergründen entstanden; sie lassen sich in folgende Gruppen einteilen.

Auf der einen Seite gibt es die erfahrenen Unternehmen aus der „Telefoniewelt“. Diese haben über Jahrzehnten ACD-Lösungen entwickelt, Funktionalitäten erweitert und sukzessive Multi- und Omni-Channel-Komponenten eingebaut oder integriert. Diese Lösungen standen und stehen heute noch meistens „on premise“, also in eigenen Server-Räumen oder Rechenzentren der Anwender. Anbieter dieser Lösungen transferieren ihre komplexen Systeme mit einer sehr großen, über die Zeit stark gewachsenen Funktionalität in die Cloud. Allerdings funktionieren einige Dinge in den Cloud-Infrastrukturen anders, weshalb diese Transformation häufig mit Schwierigkeiten einhergeht.

Einige dieser Anbieter gehen daher einen anderen Weg. Sie bauen anhand ihres reichen Erfahrungsschatzes aus vielen Jahren genuine Cloud-Lösungen von Grund auf neu. Das prominenteste Beispiel aus dieser Kategorie ist sicher Genesys Cloud, welche diesen Neuaufsatz noch zu Interactive-Intelligence-Zeiten geplant haben.

Die zweite Gruppe umfasst Anbieter, die zwar schon in der Cloud zuhause waren, aber ursprünglich andere Schwerpunkte hatten, wie etwa Ticket-Management inklusive E-Mail-Bearbeitung oder Ähnlichem. Diese Anbieter erweitern jetzt ihre Funktionalitäten um die erforderlichen Kanäle und weitere Contact-Center-Funktionalitäten; als Stichworte seien hier das Routing, das Monitoring, das Reporting und verschiedene Qualitätsfunktionen genannt. Bekannte Beispiele aus dieser Kategorie sind Zendesk oder auch novomind – mit jeweils etwas anderen Voraussetzungen.

Bei der dritten Gruppe handelt es sich um die „pure cloud solutions“, also Lösungen, die von Grund auf für die neue Cloud-Welt gebaut sind. Diese Lösungen nutzen nativ sämtliche Vorteile der Cloud-Infrastrukturen, bedürfen aber an verschiedenen Stellen noch weiterer Funktionalitäten. Die sollten aber selektiv integriert werden, denn wie bei den zahlreichen Features von MS Word wird längst nicht jede Funktionalität aus einer traditionellen ACD Lösungen wirklich intensiv genutzt. Beispiele für Lösungen aus dieser Gruppe sind Talkdesk oder auch Amazon Connect.

Dazwischen gibt es natürlich auch hybride Lösungen, die mit cleverer Cloud-Funktionalität überzeugen, aber schließlich doch eher in einer „private Cloud“ aufgebaut werden oder werden sollten.

Virtualisierungslösung – die richtige Wahl

Da die Kundenorientierung (Customer Centricity) und die Customer Experience immer entscheidender für den Erfolg eines Unternehmens am Markt sind, wächst der Markt für diese Lösungen. Entsprechend wird auch die Anzahl der Lösungen weiter zunehmen und es wird größere, umfassende Lösungen geben – neben den Spezial- und Nischen-Anbietern, die sich konkreten Funktionalitäten und Details verschrieben haben.

Welche der Lösungen für mich als Anwender die richtige ist, sollte man gut evaluieren. Bei dieser Selbstbetrachtung geht es nicht um einen riesigen Anforderungskatalog, sondern häufig schon um sehr grundlegende Fragestellungen, wie:

  • Plattform oder „best of breed“? Möchte ich eher eine Plattform-Lösung, in der sämtliche Kanäle, Funktionalitäten etc. vorhanden sind, oder möchte ich die beste Lösung für jedes einzelne Thema kombinieren und integrieren?
     
  • Cloud, “private Cloud” oder on premise? Bei dieser Frage ist zu klären, ob ich als Unternehmen auch mit Blick auf meine IT-Strategie bereit für die Cloud bin, oder doch eher den geschützteren Raum einer private Cloud oder sogar eine on-premise-Lösung bevorzuge.
     
  • Veränderungsbereitschaft und offen für Neues? Hier sollte man sich die Frage stellen, ob man darauf besteht, alle Funktionalitäten, die man heute hat, genauso in der neuen Lösung umgesetzt haben möchte, oder ob man bereit ist, sich auf Neues einzulassen und evtl. auch die Chance zur Komplexitätsreduktion nutzen möchte.

Im Rahmen der Erstellung eines Zielbildes sowie der Evaluierung der wesentlichen Anforderungen und eines kurzen Marktscreenings kann die Gruppe der möglichen Lösungen anhand dieser Fragestellungen sehr schnell eingegrenzt werden.

Fazit

Die Virtualisierung eines Contact Centers ist heute sehr einfach möglich. Die Mitarbeiter können dabei von nahezu jedem Ort der Welt mit Internetzugang arbeiten.

Das Aufsetzen einer Lösung in der Cloud mit Routing-Szenarien von geringer Komplexität kann in wenigen Wochen erfolgen. Gerade kleine bis mittlere Contact Center können von den technischen Möglichkeiten inzwischen sehr schnell profitieren.

Eine Migration in die Cloud bietet auch die Chance die Komplexität zu reduzieren, in dem man die eigenen Prozesse und Abläufe genau analysiert und von gewachsenen Strukturen befreit.

Und schließlich muss man bei aller Euphorie den Datenschutz vollumfänglich berücksichtigen. Aber auch dafür existieren heute technische und organisatorische Lösungen.

 

Für Fragen oder die Unterstützung bei der Auswahl der geeigneten Lösung stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.