Customer Journey Mapping – welche Karte ist die richtige?

Kompass auf Landkarte

Die zentrale Methodik von Customer Experience (CX) Management, also der zielgerichteten Organisation und Steuerung der CX, ist demzufolge die Customer Journey oder die Customer Journey Map. Die Customer Journey hilft dabei, ein ganzheitliches Verständnis der Kundeninteraktionen und der damit verbundenen Erfahrungen zu vermitteln und managen.

55 Prozent aller Marketing-Entscheider gaben allerdings kürzlich im Rahmen einer Studie an, ihre Organisation würde die Customer Journey der eigenen Zielgruppe nicht im Detail verstehen. Offensichtlich ist der Begriff der Kundenreise zwar als Buzzword in aller Munde, aber es fehlt ein einheitliches Verständnis bezüglich seiner Anwendung. Immerhin: 95 Prozent der befragten Unternehmen räumen dem Touchpoint Management einen zunehmend hohen Stellenwert ein – aber lediglich sieben Prozent denken, dass sie diese Disziplin zufriedenstellend beherrschen.

 

Hinweis: Seit 2017 bieten MUUUH! Consulting und Oracle kostenfreie Customer Journey Workshops an. Erkunden Sie in kleinen Arbeitsgruppen mit Hilfe des Journey Mappings die “Customer Experience” Ihrer Kunden und Interessenten. 

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Definition

Im Folgenden soll der Begriff der Customer Journey kurz definiert werden, bevor wir die verschiedenen Bestandteile einer Customer Journey Map charakterisieren und anschließend allgemeine Handlungsempfehlungen zur Anwendung formulieren.

Eine Customer Journey erfasst die Interaktion eines Endkunden mit einem Unternehmen, einer Marke oder einem Produkt über alle Kauf- und Nutzungsphasen sowie Touchpoints hinweg. Die visuelle Erfassung dieser Kundenreise erfolgt mittels der Customer Journey Map.

 

 

Customer Journey Map: Ein Meta-Modell

In der Praxis finden sich sehr viele unterschiedliche Darstellungsformen. Wir haben aus den verschiedenen Ansätzen das nachstehende, praxisorientierte Modell entwickelt. Es enthält neben den charakteristischen Kernelementen einer Customer Journey Map zugleich verschiedene weitere erfolgskritische Komponenten.

customer-journey-framework

In unserer Darstellung umfasst der obere Basisteil die wesentlichen Elemente. Er bildet die Outside-In-Perspektive ab. Die ergänzenden Aspekte finden sich im Zusatzteil wieder, der eher eine Inside-Out-Perspektive einnimmt. Er soll den Weg von den Erkenntnissen des Basisteils hin zur Ableitung der richtigen Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen vereinfachen.

Der Basisteil: Outside-In

1. Persona

Nicht jeder Mensch reist gleich. Daher, und um sich wirklich die Kunden-Brille aufsetzen zu können, ist es wichtig, einen konkreten Kunden beim Kartieren einer Customer Journey vor Augen zu haben. Das Customer Journey Mapping ist daher häufig eng mit der Entwicklung von Personas verknüpft. Personas schaffen ein gemeinsames Verständnis dafür, um wen genau es sich bei der betrachteten Kundengruppe handelt, und was für Wünsche und Ziele sie hat. Es kann das Customer Journey Mapping erleichtern, wenn die Persona initial bereits definiert und erstellt wird und dann im Rahmen des weiteren Vorgehens immer weiter verfeinert wird. Wie man eine Persona erstellt, haben wir hier dargestellt. 

2. Phasen

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Das Modell beinhaltet die Awareness-, die Research-, die Consideration-, die Purchase- und Post Purchase-Phase. Je nachdem, wie kleinteilig man jeden Abschnitt der Kundenreise betrachten möchte, oder auch, um welche Art von Produkt oder Dienstleistung es sich handelt, sollten die einzelnen Etappen allgemeiner oder aber deutlich detaillierter definiert werden. Oft lassen sich die Awareness-, Research- und Consideration-Phase als allgemeine Pre-Purchase-Phase zusammenfassen, oder aber die gesamte Journey in eine Shop- und Own-Phase unterteilen. Wichtig ist vor allem, die Phasen eindeutig voneinander abzugrenzen und Redundanzen zu vermeiden.

Betrachtet man die Customer Journey eines bestimmten Produktes oder einer konkreten Dienstleistung, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Nachkauf- oder Post-Purchase-Phase. Sie wird in der Praxis häufig vernachlässigt, allerdings entsteht hier häufig die Grundlage für nachhaltige Kundenloyalität und Weiterempfehlungen. Kunden mit einer gewissen Grundloyalität gegenüber dem Unternehmen oder der Marke können bei weiteren Käufen direkt mit der Kaufphase in den Kaufprozess einsteigen; die vorherigen Phasen sollten sie bestenfalls überspringen (siehe grüner Pfeil im Modell).

3. Aktionen

Einzelne Aktionen definieren die Phasen und bilden die zweite Ebene des Modells. Die Aktionen beschreiben ganz konkret, was aus Kundensicht in den eher abstrakt betitelten Phasen passiert. Das erleichtert die kundenzentrierte Denkweise und macht das Kundenverhalten auf Touchpoint-Ebene besser nachvollziehbar.

4. Touchpoints

Dieser Abschnitt des Modells beschreibt die verschiedenen Berührungspunkte eines Kunde mit der Marke im Laufe seiner Kundenreise über sämtliche Phasen und Aktionen hinweg. Touchpoints können direkt oder indirekt sein. Direkte Touchpoints kann das Unternehmen unmittelbar beeinflussen, dazu gehören alle Owned- oder Paid-Touchpoints wie die Internetpräsenz, Mitarbeiter, oder TV- und Printwerbung. Indirekte Touchpoints hingegen liegen nicht im unternehmerischen Einflussbereich. Sie werden auch als Earned Touchpoints bezeichnet und umfassen WoM, Testberichte oder Bewertungen. Wichtig ist die parallele Betrachtung sowohl der direkten als auch der indirekten Touchpoints. Insbesondere Letztere spielen eine immer größere Rolle in der Entscheidungsfindung eines Kunden. Moments of Truth, also Touchpoints mit einem vergleichsweise hohen Einfluss auf das Kundenerlebnis und den weiteren Verlauf der Customer Journey, werden im Modell gesondert hervorgehoben.

5. Customer Experience

Dieser Teil des Modells besteht aus zwei Abschnitten mit Bezug auf die Customer Experience. Der erste Abschnitt zeigt das Kundenerlebnis je Kontaktpunkt auf einer Skala von eins bis fünf in Form von Säulendiagrammen. Der zweite Abschnitt wiederum bildet die Gesamtbewertung der Kundenreise auf einer Skala von eins bis fünf mittels eines Balkendiagramms ab. Um ein ganzheitliches Markenerleben gewährleisten zu können, kommt es nicht auf die Ausgestaltung einzelner Touchpoints an, sondern vor allem auf ihre Abstimmung entlang der Kundenreise. Es reicht daher nicht aus, das Kundenerlebnis lediglich an einzelnen Touchpoints zu messen. Wer wissen will, wie die Touchpoints miteinander harmonieren, muss die gesamte Kundenreise im Blick haben. Unternehmen, die entlang der gesamten Customer Journey die Kundenerfahrung verbessern, erzielen eine signifikant höhere Kundenzufriedenheit und profitieren von geringeren Abwanderungsraten sowie höheren Umsätzen1.

 

Der Zusatzteil: Inside-Out

6. Relative Touchpoint-Performance

Der erste Part des Inside-Out-Teils stellt die relative Touchpoint-Performance dar, setzt also die eigene Performance innerhalb einer Kundenreise-Etappe ins Verhältnis zu den Leistungen von Wettbewerben in der gleichen Phase. Dieser Perspektivwechsel ist nützlich, zumal Kunden Touchpoints selten frei von Vorerfahrungen beurteilen. Immer fließen auch ihre bisherigen Erlebnisse mit Wettbewerbern ein. Während die absolute Perspektive auf die unmittelbare Verbesserung der eigenen Customer Experience einzahlt, fördert die relative Sichtweise die differenzierende Verbesserung entscheidender Punkten der Customer Journey, mit der sich Unternehmen von ihrem Umfeld abheben können. Die im Modell vorgesehene Zeile gibt Unternehmen den nötigen Raum zur Präsenz- und Performance-Analyse des Wettbewerbs und zum Vergleich mit den eigenen Leistungsdaten. In Kombination mit den Erkenntnissen aus der Analyse der eigenen Customer Journey aus dem Basisteil kann auf diese Weise ein konkreter Handlungsbedarf identifiziert werden.

7. Opportunities

Diesen Handlungsbedarf erfasst der Abschnitt „Opportunities“. Die Liste der Verbesserungsmöglichkeiten ist das Kernelement des Zusatzteils. Zwar spiegeln die bislang in der Customer Journey Map gesammelten Erkenntnisse den Ist-Zustand wider, aber sie dienen nicht automatisch der Verbesserung der Customer Experience. Daraus lässt sich schließen, dass es unabdingbar ist, schon im Prozess des Customer Journey Mappings erste Handlungsempfehlungen abzuleiten, die als Basis einer weiterführenden Optimierung dienen.

8. Zuständigkeiten

Der Zuständigkeitsbereich des Zusatzteils beinhaltet Abteilungen und Personen, die für die Umsetzung der zuvor identifizierten Opportunities verantwortlich sind. Einer Umfrage unter Customer-Experience-Verantwortlichen offenbarte, dass 95 Prozent der Befragten das „Silo-Denken“ in einzelnen Abteilungen für das Scheitern von Customer-Experience-Initiativen verantwortlich machen. Das Element der Zuständigkeiten ist wichtig, um die Zuständigkeit für die Performance einzelner Kundenaktionen oder Touchpoints zu klären – und es zeigt, dass häufig nicht nur eine Abteilung oder Person, sondern erst das ganzheitliche Zusammenspiel verschiedener Player eine optimale Customer Journey gewährleistet. Die unterschiedlichen Abteilungen und Personen müssen eng miteinander zusammenarbeiten und die „Silos“ der eigenen Abteilung aufbrechen. Erst dann kann ein Unternehmen seine Customer Experience nachhaltig verbessern.

Checkliste: Worauf muss ich bei Erstellung einer CJM achten?

❏ Einen starken Sponsor im Unternehmen haben

❏ Die Zielsetzung des Journey Mapping festlegen. Wie lautet die Frage, die beantwortet werden soll? (Bsp.: Makro- oder Mikro-Journey, übergeordnete oder spezielle Journey etc.)

❏ Pragmatisch sein – loslegen, lernen und iterativ verfeinern

❏ Die richtigen Personas auswählen und beschreiben

❏ Die Journey-Mapping-Struktur festlegen

❏ Alle Touchpoints einsammeln, sowohl direkte als auch indirekte

❏ Touchpoints bewerten und priorisieren

❏ Interdisziplinär arbeiten

❏ Mithilfe der Kunden validieren

❏ Personas und Maps im Unternehmen erlebbar machen und konsequent ins Tagesgeschäft ausrollen – und Unterstützung anbieten

❏ Ein Messmodell für Touchpoint-Performance implementieren

❏ Die Unternehmensziele bei aller Kundenorientierung nicht aus den Augen verlieren

❏ Neben der CX die Touchpoints auch hinsichtlich der digitalen Effizienz, der Datenintelligenz, den On-, Up- und Cross-Selling-Potenzialen sowie der Mitarbeiter-Experience betrachten

❏ Die entwickelten Customer Journeys regelmäßig reviewen und bei Bedarf updaten

❏ Das Wichtigste: alles aus den Augen des Kunden heraus betrachten und immer in der Sprache des Kunden arbeiten!

Kostenfreier Customer Journey Workshop

Customer Journey Mapping ist ein vielfältig einsetzbares Werkzeug und unverzichtbar für Unternehmen, die kundenzentriert arbeiten wollen. Wie man Mapping-Projekte angeht und aus einer kartierten Kundenreise konkrete Schlüsse zieht, lernen Besucher des Customer Journey Mapping Workshops. Die Veranstaltungsreihe organisieren MUUUH! und Oracle seit dem Jahr 2017 gemeinsam. Für das zweite Halbjahr 2019 stehen jetzt die Workshop-Termine fest. Melden Sie sich gleich an!

Upcoming Events: Die nächsten Customer Journey Mapping Workshops

22. August, Hamburg

19. September, München

17. Oktober, Frankfurt

14. November, Düsseldorf

12. Dezember, Berlin

 

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Autoren

Moritz Melzheimer, CEO und Co-Founder von www.fotomato.de

Jura Schoeder, Senior Manager bei MUUUH! Consulting

 

1) Vgl. Rawson, Alex/Duncan, Ewan/Jones, Conor (2013): The Truth About Customer Experience, in: Harvard Business Review, 91. Jg., S. 90–98.