Community Management - Make or buy?

Stefanie Hindriksen sitzt auf oranger Treppe bei MUUUH!

Interview mit Stefanie Hindriksen

MUUUH! ist Beratung plus Technologie- plus Kommunikationskompetenz. Inwiefern ist diese Ergänzung von Kommunikation um Technologie bedeutsam?

Wir sind nun bereits seit fast zehn Jahren im Outsourcing von digitalen Dialogen tätig. Wenn wir in dieser Zeit eines gelernt haben, dann ist das die hohe Veränderungsgeschwindigkeit. Wir kennen keinen Stillstand und sind es gewohnt, dass plötzlich neue Kanäle hinzukommen. Als wir im Jahr 2012 anfingen, spielte etwa Instagram für die Unternehmen hierzulande noch keine Rolle. Heute ist Instagram aus dem Social-Media-Kanalmix für die meisten Marken nicht mehr wegzudenken.

Es kommen aber nicht nur neue Kanäle hinzu. Die Social Networks selbst verändern sich. Ständig kommen neuen Funktionen und Features hinzu, die häufig auch Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie in dem jeweiligen Netzwerk kommuniziert wird.

Sowohl die Veränderungen in dem Set der Netzwerke, als auch die Veränderungen in den Netzwerken selbst, haben natürlich massive Auswirkungen auf die Tools, die wir bei unserer Arbeit einsetzen und die Prozesse, mit denen wir uns organisieren.

Wir leben also mit einer sich stetig verändernden Technologielandschaft, von der wir abhängig sind. Um unter diesen Vorzeichen auf höchstem Qualitätsniveau für unsere Klienten arbeiten zu können, haben wir einerseits eine eigene Softwareentwicklung inklusive technischem Projektmanagement und UX-Design bei uns im Haus. Andererseits sind unserer Digital Dialog Agents nicht nur fit im Umgang mit den Tools und Prozessen, wie wir sie heute im Status quo verwenden, sondern bringen ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft mit. Das ist dringend erforderlich, damit wir uns auf die künftigen Herausforderungen einstellen können. Wer Berührungsängste mit digitalen Tools mitbringt, ist bei uns falsch.

Eine der MUUUH!-Dienstleistungen ist das Outsourcing des Community Managements. Welche Rolle spielt das Outsourcing aktuell bei Euch?

Das Outsourcing von Community Management ist eine unserer am häufigsten nachgefragten Leistungen. Unsere Klienten sind vornehmlich große Organisationen, für die wir in der Regel die gesamte Bandbreite der Social-Media-Kanäle von Facebook über LinkedIn bis hin zu TikTok abbilden. Die eben geschilderte Veränderungsgeschwindigkeit und die Vielzahl der Kanäle macht Community Management Outsourcing immer relevanter für Unternehmen und Marken.

Wir versuchen das Ohr dicht an der Community zu haben, so dass wir entsprechende Insights für unsere Kunden generieren können. Wir verstehen uns als aktiver Gesprächspartner und Mitgestalter der Community.

Stefanie Hindriksen

Macht es für Dich oder Dein Team einen Unterschied, wo Ihr mit Kunden interagiert?

Natürlich hat jeder Kanal seine Besonderheiten: von verschiedenen Zielgruppen über Unterschiede in der Kommunikationskultur verschiedener Social Networks bis hin zur kanalspezifischen Auftraggeberstrategie, die sich auch durch mehrere Präsenzen pro Marke ausdrücken kann. Auf LinkedIn spielt sich größtenteils B2B-Kommunikation ab, auf Instagram sind Tonalität und Wording schon wieder anders. Eines ist bei allen Kanälen gleich: Wir müssen auf alles vorbereitet sein und inhaltlich tief in den Themen unserer Auftraggeber stecken.

Während andere Anbieter im Bereich Social Media Outsourcing primär Inhalte erstellen, geht es bei Euch gezielt um den Dialog?

Genau! Wir führen im Namen unserer Auftraggeber Dialoge und sind im Community Management ein aktiver Bestandteil der jeweiligen virtuellen Gemeinschaft. Häufig leiten wir aus unserer Arbeit heraus Empfehlungen für die Content-Produktion oder das Timing von Posts ab. Bahnt sich etwa eine Krise oder ein Shitstorm an? Ganz allgemein versuchen wir, das Ohr dicht an der Community zu haben, so dass wir entsprechende Insights für unsere Kunden generieren können. Im Gegensatz zu einem klassischen Contact Center, in dem Kundenanfragen abgearbeitet werden, verstehen wir uns als aktiver Gesprächspartner und Mitgestalter der Community.

Inwiefern ist die Automatisierung in Eurem Business ein wichtiges Thema – und auch für MUUUH! ganz konkret?

Im Bereich Chat und Messaging sind MUUUH! Next und unsere Schwestergesellschaft Future of Voice auf Chatbots spezialisiert. In diesen Projekten unterstützen wir die Kolleg*innen aus der Softwareentwicklung regelmäßig, indem wir etwa aus unseren menschlichen Dialogen in Chat und Messaging Erkenntnisse für die automatisierten Dialoge ableiten. Im Community Management setzen wir keine automatisierten Dialoge ein.

Wie kann ich mir als Kommunikations- oder Marketingspezialist eines Unternehmens das Outsourcing ganz konkret vorstellen?

Die Vorstellung, dass man die Dialogführung komplett an uns auslagert und dann nie wieder etwas mit dem Thema zu tun hat, ist utopisch. Wir pflegen immer einen engen Austausch mit den Auftraggebern. Einerseits benötigen wir Einblicke in die Content-Kampagnen und -Planung und in die generelle Social-Media-Strategie, damit wir unsere Arbeit gut machen können. Andererseits stellt sich die Frage, wie sich unser Auftraggeber in den sozialen Netzwerken platzieren und auch auftreten will. Im Anschluss übernehmen wir für den Auftraggeber die Kommunikation im direkten digitalen Kundenkontakt – immer in Absprache mit dem Auftraggeber und zu vorab definierten Themen!

Einerseits unterstützen wir Unternehmen, die bislang nicht aktiv auf Social Media sind und es mit professioneller Unterstützung werden möchten. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die sich professionalisieren möchten, aber denen das Community Management operativ über den Kopf wächst.

Stefanie Hindriksen

Mit welchen Anfragen kommen Kunden üblicherweise auf Euch zu?

Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Es können ganz klassische Service Requests sein. Es kann aber auch einfach Diskussionspotenzial zu einem bestimmten Thema geben, das für den Auftraggeber von Interesse ist. Wir machen also nicht ausschließlich Social Customer Care im Sinne eines klassischen Kundenservice. Vielmehr sind wir wirklich in der Community präsent und diskutieren dort öffentlich. Dabei decken wir eine Vielzahl von Themenfeldern ab, die von der Energieversorgung über den E Commerce bis hin zu Finanzdienstleistungen reichen.

Im Wesentlichen gibt es allerdings zwei Stoßrichtungen bei den Anfragen. Einerseits die Unternehmen, die bislang nicht aktiv auf Social Media sind und es mit professioneller Unterstützung werden möchten. Dieser Art der Anfrage wird seltener, da die meisten Unternehmen bereits mehr oder weniger aktiv sind. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die sich professionalisieren möchten, aber denen das Community Management operativ über den Kopf wächst. Denn in der Praxis muss häufig ein- und dieselbe Person das Community Management betreiben, Social Media Manager sein und sich dazu noch kreative Gedanken über guten Content machen.

Ein großer Mehrwert, den wir unseren Kunden bieten, ist die Abdeckung von umfassenden Servicezeiten. So sind wir teilweise von 8 bis 22 Uhr auch an Sonn- und Feiertagen im Einsatz. Hierbei entstehen natürlich Synergieeffekte zwischen unseren Kundenprojekten, die wir in der Kalkulation unserer Projektpreise berücksichtigen können – zur Freude unserer Kunden.

Wenn man das digitale Kommunikationsgeschäft an Euch abgibt, legt man ja eine der wichtigsten Ressourcen – die Schnittstelle zum eigenen Kunden – in fremde Hände. Kritisch gefragt: Ist das nicht töricht?

Die Antwort-Prokura, die wir für viele Marken innehaben, geht mit einer enormen Verantwortung einher, der wir uns sehr bewusst sind. Damit das funktioniert, ist es extrem wichtig, dass unsere Auftraggeber uns vertrauen und wir die Marke so richtig bis ins Detail verstanden haben.

Wir bringen unseren Kunden aber auch einen großen Mehrwert. Gerade aufgrund unserer Spezialisierung im Bereich Community Management können wir eine schnelle und qualitativ hochwertige Bearbeitung gewährleisten. Dadurch, dass wir oft nicht nur einen Kanal betreuen, hören wir eine Vielzahl an Stimmen aus der Community und erhalten einen Rundumblick, zum Beispiel was die Zufriedenheit mit bestimmten Produkten angeht. Diese Einblicke geben wir in regelmäßigen Reports und Meetings systematisch und gebündelt an den Auftraggeber weiter. Das ist für den Kunden in Anbetracht knapper interner Ressourcen ein enormer Vorteil.

Was ist für eine gute Zusammenarbeit sowohl auf Kundenseite als auch auf Seite des Dienstleisters wichtig?

Ganz klar die Augenhöhe. Wir müssen ein sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis zu unserem Auftraggeber pflegen können und im Grunde genommen als Teil der Organisation beim Kunden wahrgenommen werden. So können wir dem Serviceanspruch, den die Community häufig hat, am besten gerecht werden. Grundlegend ist zudem die Definition gemeinsamer Prozesse, die auch innerhalb der Organisation weitergetragen werden.

 

Welches sind die üblichen Herausforderungen? Wo schleift es anfangs oft und wo müssen sich Dinge über die Zeit erst einspielen?

Wir haben nicht immer von Anfang an direkten Zugriff auf bestimmte Organisationseinheiten oder Fachbereiche, deren Unterstützung wir benötigen, um Kundenanliegen vollumfänglich und schnell zu bearbeiten. Das betrifft etwa den Zugriff auf Datenbanken oder interne Prozesse und Verantwortlichkeiten. Oftmals ist der Social Media Manager oder die Marketingabteilung für uns die erste Anlaufstelle. Die Kollegen müssen dann unsere Anfrage weitergeben, wodurch ein Stille-Post-System und oft auch ein zeitlicher Verzug entsteht. Beide Punkte gilt es im Betrieb zu optimieren.

Leider ist der Stellenwert des Community Managements innerhalb von Unternehmen noch relativ gering. Im Vergleich dazu ist Social Media Marketing häufig präsenter. Mithilfe von Social Media platziere ich Ads und kann direkt Umsatz generieren. Für den Beitrag des Community Managements muss man häufig erst Verständnis schaffen.

Du bist auch für das Qualitätsmanagement und die Schulungen zuständig. Wie stellt Ihr als Dienstleister sicher, dass Euer Ton zur Kommunikationskultur des Auftraggebers passt?

Bevor wir das Community Management für einen neuen Auftraggeber übernehmen, schulen wir das Team auf die Produkte, Prozesse und die generellen Ziele des Social-Media-Auftritts vom Auftraggeber. Die so genannte Brand Tonality ist fester Teil jeder Schulung, damit alle wissen, welche Sprache unser Auftraggeber spricht und wie er im Social Web platziert werden möchte.

In den ersten vier bis sechs Wochen des Praxisbetriebs sind wir zudem in sehr engem Austausch mit dem Auftraggeber und drehen immer wieder kurze Feedbackschleifen. Und auch danach arbeiten wir üblicherweise nach dem vier-Augen-Prinzip. Ein Kollege erstellt die Antwort, ein weiterer überprüft diese mit Blick auf die vereinbarten Kriterien.

Wie funktioniert die Schulung der Mitarbeiter, die das Community Management betreiben?

In unserem Team arbeiten erfahrene, teils zertifizierte Community Manager. Für die sind in erster Linie die Produkte des neuen Auftraggebers sowie dessen Brand Identity oder die Brand Tonality spannend. Häufig schult uns die Marketing- oder die Produktabteilung des Kunden vor Ort im Unternehmen. Aber auch bei uns ist eine Schulung möglich. Je nach Komplexität des Produktes dauert so eine Schulung zwischen einem und fünf Tagen. Bei kleineren Anwendungsfällen – etwa einer Facebook-Seite mit geringer Interaktion – reicht oft schon ein halber Tag.

Du hast am im vergangenen Oktober mit Freya Früh von der HDI Versicherung auf dem Community Gipfel zum Thema Outsourcing von Community Management gesprochen. Worum ging es genau?

Wir kämpfen immer wieder mit dem Vorurteil, dass sich Community Management nicht sinnvoll outsourcen lässt. Damit möchten wir aufräumen. In der Session haben wir Einblicke gegeben, welche Outsourcing-Readiness-Parameter für ein gelungenes Community Management seitens MUUUH!, aber auch seitens der HDI essenziell sind. Bei diesen Parametern handelt es sich um Definitionen relevanter Prozesse, die Kommunikationsleitplanken oder auch die Krisenkommunikation. Das sind mitunter recht kleinteilige Überlegungen mit konkreten Fragen, etwa, ab wann eine Krise anfängt und welcher Prozess dann angestoßen wird. In der Session zeigen wir auf, welche Parameter wir vor dem Betrieb noch anpassen mussten. Wir geben natürlich auch Einblicke in unsere tägliche Zusammenarbeit.

Herzlichen Dank für das Interview!

Autor: Prof. Dr. David Wagner