Der Kanal-Mix ist für sich betrachtet weniger ein Alleinstellungsmerkmal der Kampagne. Er umfasst eher die etablierten Plattformen der Social-Media-Welt. Vielmehr geht es darum, dass über die verschiedenen Kanäle hinweg zusätzliche Geschichten rund um die Welt von Panem und die Protagonisten des Films erzählt werden. Die Inhalte werden allerdings nicht auf allen Kanälen eins zu eins ausgespielt, sondern folgen – zumindest überwiegend – den individuellen Stärken der einzelnen Plattformen mit ihren typischen Medien. Dieser Ansatz wird auch als Transmedia Storytelling bezeichnet. Passend zum Genre des Films verwischen die Kampagnenmacher bewusst die Grenzen zwischen der Fan-Realität und der Film-Fiktion. Die zusätzlichen Geschichten schaffen eine neue Erfahrungswelt, die das Königreich Panem für die Fans haptischer, visueller und insgesamt erlebbarer macht. Fans können so tief in diese Erlebniswelt eintauchen.
Darüber sollte die Kampagne bewusst das Engagement der Fans steigern und nutzergenerierte Inhalte triggern (siehe hierzu auch den Beitrag „Brand Engagement“ sowie zu „Praktiken zur Nutzeraktivierung“). Als Vehikel setzten die Verantwortlichen vor allem Contests ein, in deren Rahmen Fans etwa unter dem Hashtag #capitolstyle eigene Bilder im Stil des Films posten konnten. Diese Beiträge wurden in einem Wettbewerb prämiert. Über alle digitalen Kanäle hinweg gab es einen starken Mitmachcharakter. Die erstellten Inhalte waren Teil der Kampagne. Die Fans wurden aktiv in die Schaffung der fiktiven Welt mit einbezogen, die wiederum eine identitätsstiftende Wirkung auf die Fans hatte. Insgesamt ist hier ein starkes Umdenken spürbar, was die klassische Vermarktung eines Films als Produkt angeht hin zu der Vermarktung eines Films als Erlebnis, ganz im Sinne einer Customer oder Fan Experience.
Zur Vermarktung des Films nutzten die Macher der Kampagne eine Strategie, die auch als „Catch Narrow – Target Wide“ bezeichnet wird. Hier kommt der Gedanke des Community Managements zum Tragen. Der Titel spielt darauf an, dass die Zielgruppe der Kampagne eng gesteckt war (catch narrow) und dennoch eine breite Masse erreichen sollte (target wide). Primär wurden hier passionierte weibliche Fans im Alter von 14 bis 24 Jahren angesprochen. Hierbei handelt es sich um eine eng verwobene Fanbase. Diese Fan-Community sollte durch die Kampagne für den Film begeistert und zum Besuch eines Kinos animiert werden. Natürlich gehen sie dann nicht allein ins Kino. Vielmehr fungieren die Kernfans als Botschafter und Multiplikatoren und nehmen Freunde und die Familie mit.
Der Vorteil dieses Vorgehens liegt auf der Hand. Die Kampagne war durch diese eng definierte Zielgruppe leichter zu optimieren. Zudem sind bestehende Fans jung, technikaffin und stark auf Social Media aktiv. Ihre Teilnahme an Contests und Aktionen war damit weitgehend garantiert, während dies bei älteren Zielgruppen keinesfalls sicher gewesen wäre. Im Kern war der Ansatz also ein Community-basierter. Ein weiterer Vorteil durch die Nutzung von Social Media im Marketing der Filmreihe: Durch die Wiederverwendung der Social-Media-Kanäle über mehrere Episoden des Films rechnen sich die Kosten für Investitionen zum Aufbau umso mehr. Ist die Beziehung zu den Fans erst einmal hergestellt, d.h. ein Like oder ein Follower gewonnen, lassen sich diese leicht erneut ansprechen. Diesen Effekt konnten wir bei den Fortsetzungen der Hunger-Games-Filmreihe bereits beobachten.