Communities im Sport

Was Marketeers aller Branchen vom Sport lernen können

Das Community-Kapitel des Lehrbuchs „Social Media in Sport“, ist gewissermaßen ein „Best of“ der Arbeiten von David Wagner der vergangenen Jahre. Viele dieser Arbeiten sind in Zusammenarbeit mit Ben Ellermann, dem Managing Director von MUUUH! Next, entstanden.

Ziel dieses Artikels ist es nicht, das Kapitel an dieser Stelle in Gänze zusammenzufassen, stattdessen geht er auf wesentliche Fragen ein, die für die Leser:innen des MUUUH! Newshubs von Interesse sind, und die auch über die Sportbranche hinaus Relevanz haben.

Warum lohnt es sich, hauseigene oder auch sogenannte On-Domain Communities zu betreiben

On-Domain Communities stellen neben den üblichen Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram eine eigene Klasse von interaktiven Plattformen dar. Sie können - wie der Name bereits vermuten lässt - in die Website eines Unternehmens integriert werden. Dadurch werden sie als „hauseigener Auftritt“ wahrgenommen. Fans oder Kund:innen interagieren also mit dem Unternehmen auf der eigenen Website und springen nicht auf die Plattformen Dritter.

On-Domain Communities haben den Vorteil, dass Unternehmen die Daten, die bei Interaktionen generiert werden - etwa Fragen oder Kommentare zu Produkten - nutzen können, um Bedürfnisse und Nutzungsverhalten besser zu verstehen. Abhängig von der Menge erstellter Inhalte kann so die Auffindbarkeit des Unternehmens in Suchmaschinen drastisch erhöht werden. Darüber hinaus können Unternehmen auch die Kontaktdaten, insbesondere die Emailadressen, der Community-Mitglieder, nutzen, um mit Fans und Kund:innen in Austausch zu treten (z.B. über Newsletter-Abos, Community-Updates o.Ä.). Unternehmen können die Regeln für den Austausch in der Community selbst festlegen und damit auch Verstöße gegen die Guidelines leichter sanktionieren (etwa durch Warnungen oder temporäre Ausschlüsse). Auch haben sie die Hoheit über die Gestaltung, also eine Gestaltung im Einklang mit der Corporate Identity, sowie die Monetarisierung der Community, was gerade im Bereich des Sport Sponsorings neue Möglichkeiten eröffnet. Nicht zuletzt wird mit Hilfe einer hauseigenen Community auch Social Commerce möglich, so dass Fans beispielsweise aus dem Diskussionsbereich in den Ticket- oder Merchandise-Bereich des Clubs springen und dort Käufe tätigen können.

Welche Arten von Communities gibt es?

Brand Communities

Das sind Communities, bei denen es explizit um die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens geht. Insbesondere bei Hobbies, wie etwa Sport, handelt es sich um emotionale Themen. Fans sind mit Leidenschaft bei der Sache und die Zugehörigkeit zu einem Club (Fandom) ist ein wichtiger Teil der Identität vieler Menschen. Das trägt zum Austausch innerhalb einer Community bei. Ein Beispiel wäre hier das Fan Forum des FC Bayern oder ein Klassiker, der Harley Owners Club. Problem beim Transfer auf andere Branchen: Dasselbe Maß an Emotionalität und Leidenschaft lässt sich nicht beliebig übertragen. Hier müssen Unternehmen also kreativ werden.

Branded oder thematische Communities

Das sind Communities, bei denen es um einen breiteren Themenbereich geht, welcher über spezifische Produkte und Dienstleistungen hinausgeht. Bezogen auf den Sport, wären das Communities, bei denen etwa bestimmte Sportarten, zum Beispiel Fußball, im Fokus stehen. Die Ausweitung des Community-Fokus‘ über die Produkte und Dienstleistungen hinaus ist für Unternehmen dahingehend interessant, dass sie strategische Themenfelder besetzen können, bei denen es vielleicht mehr Austauschbedarf gibt als bei den von ihnen angebotenen Produkten und Dienstleistungen selbst. Durch den Zusatz „Branded“ bei Branded Community besteht trotzdem die Möglichkeit den Eigner oder Sponsor der Community zu nennen und in der Community zu platzieren. Ein interessanter Kandidat aus dieser Kategorie im Bereich Sport ist beispielsweise Transfermarkt.

Innovation Communities

Dienen der Entwicklung von Ideen und Innovationen. Sie sind in der Regel als Ideenwettbewerbe angelegt. Oft werden diese Wettbewerbe auf großen Plattformen, wie etwa InnoCentive oder OpenIdeo, ausgeschrieben. Wie auch im Fall der Service Communities gibt es aber auch hier Whitelabel-Lösungen, mit deren Hilfe Unternehmen diese Wettbewerbe in die eigene Webpräsenz integrieren können. An der Munich Business School arbeiten wir zum Beispiel regelmäßig mit Agorize zusammen, die sich darauf spezialisiert haben, von Unternehmen gesponserte Wettbewerbe mit Hochschulen durchzuführen. Bei einem von Mercedes-Benz gesponserten Challenge haben sich meine Studierenden zum Beispiel mit innovativen Möglichkeiten des In-Car-Entertainments beschäftigt, das benötigt wird, wenn Autos zunehmend autonom fahren.

Service Communities

Bei Service Communities steht der Kundenservice eines Unternehmens im Fokus. Oftmals, insbesondere bei kleineren Unternehmen, wird dieser Kundenservice auch direkt über Social-Media-Kanäle abgewickelt, wie das unten genannte Beispiel der amerikanischen Profiligen zeigt. Bei einem gewissen Aufkommen von Kundenanfragen ist allerdings auch eine dezidierte Plattform sinnvoll. In Deutschland kennen wir das etwa von der Bahn oder der Telekom.

Interne oder Corporate Communities

Dienen der Vernetzung der Mitarbeitenden eines Unternehmens. Beispiele hierfür sind Enterprise Social Networks oder soziale Intranets, die in vielen Unternehmen heute schon gängig sind. Vor einiger Zeit waren wir zum Beispiel im Gespräch mit Achim Brück, der das Corporate Community Management für 300.000 Mitarbeiter:innen bei Daimler verantwortet.

Welchen Business Impact haben Communities?

Natürlich bestimmen die Ziele einer Community auch die Wirkung, die sie im Unternehmen entfalten. Bei einer Brand Community geht es natürlich verstärkt darum, dass Fans oder Kund:innen mit der Marke - und mit konkreten Produkten oder Dienstleistungen - in Berührung kommen. Bei einer Innovation Community geht es um die Anzahl und Qualität der entwickelten Ideen. Bei der Vernetzung der Mitarbeiter:innen spielen Kollaboration sowie Zugriff auf Wissen und Experten eine übergeordnete Rolle. Einheitliche Maße sind hier also ein Stückweit mit Vorsicht zu genießen, weil der Kontext wichtig ist.

Übliche Ziele von Social Media und Community Managern sind die Steigerung des Engagements, der Brand Awareness, Kundenakquise und -bindung sowie die direkte Verkaufsförderung. Das haben Studien des Bundesverbands für Community Management und des Community Roundtable wiederholt gezeigt.

Bei der Kosten-Nutzen-Analyse einer Brand Community eines amerikanischen Multichannel-Entertainment-Anbieters kommt eine Marketing-Studie beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die sozialen Interaktionen der Community-Mitglieder maßgeblich für die zusätzlichen Einnahmen verantwortlich sind, die durch die Community generiert werden. Community-Mitglieder, die aktiv Inhalte erstellen, sorgen für drei Prozent der zusätzlichen Einnahmen, gut vernetzte Mitglieder sogar für 16 Prozent der zusätzlichen Einnahmen. Ein Break Even wird in dem genannten Fall bei 33.000 Mitgliedern erreicht, wobei die Community in den ersten 1,5 Jahren bereits 260.000 Mitglieder zählte.

Welche Community-Trends gibt es im Sport und darüber hinaus?

Die Verbindung von Marketing und Innovation wird bedeutsamer. Natürlich geht es bei Communities darum, Fans und Kund:innen zu erreichen und zu erfahren, wie diese mit bestehenden Produkten und Dienstleistungen zurechtkommen. Dieselben Personen können allerdings auch wichtige Impulse bei der Entwicklung neuer Produkte in sich wandelnden Märkten geben. Die Klasse der Innovationswettbewerbe und die Einbeziehung von Kund:innen in Innovationsprozesse scheint – trotz aller Bemühungen im Bereich Open Innovation – noch unterentwickelt.

Erst kürzlich fand die Gamescom 2021, die weltgrößte Spielemesse, in Köln statt. Der Bereich Gaming hat von der Corona-Pandemie massiv profitiert. Die Games-Branche ist im ersten Halbjahr 2021 um 22 Prozent gewachsen. Davon profitiert auch der eSport, also der professionelle Gaming-Sektor, in dem kompetitiv gespielt wird und Wettkämpfe ausgetragen werden. Die Entwickler von Computerspielen sind traditionell stark im Community-Aufbau. Das liegt sicher auch daran, dass Gamer:innen besonders online-affin sind. Mit dem Wachstum der Branche geht auch ein Anstieg und Ausbau der Community-Aktivitäten einher, wie etwa hier bei Electronic Arts, die mit einem breiten Sportportfolio aufwarten.

Nicht alle Unternehmen sind mit Produkten und Dienstleistungen gesegnet, über die natürlicherweise ein intensiver Austausch bei Fans oder Kund:innen entsteht. Gerade die Option, mit Hilfe von Branded Communities oder thematischen Communities ein naheliegendes Themenfeld zu besetzen, scheint hier vielversprechend. Welche Themen hier genau gesetzt werden und wie breit die Klammer um die eigenen Produkte und Dienstleistung ausfällt, bleibt dabei spannend zu beobachten.

Zum Hintergrund

Als ich vor einigen Jahren begann, Material für den Kurs Social Media Marketing im Studiengang Sports Business and Communication an der Munich Business School zu sichten, stieß ich schnell auf eine Vielzahl an Studien von Gashaw Abeza, einem Professor an der Towson University in den USA. Insbesondere sein Artikel zur Nutzung von Social Media in den vier amerikanischen Profiligen, Baseball (MLB), Basketball (NBA), Football (NFL) und Hockey (NHL) sorgt in meinen Kursen regelmäßig für großes Interesse. Im Rahmen dieser Studie befragten er und seine Kolleg:innen Online Marketing und Social Media Manager von professionellen Sportclubs zu den Chancen und Risiken beim Einsatz von Social Media. So gaben die Verantwortlichen bei den Chancen unter anderem an, das Wissen über Fans zu verbessern (Customer Centricity), Fan Nations zu erschaffen, in denen sich Fans untereinander austauschen können (Community Building) oder den Kundenservice zu verbessern. Herausfordernd empfanden die Beteiligten vor allem die Kontrollaufgabe, das Change Management rund um die digitalen Prozesse sowie die Nutzbarmachung von Daten.

Wenig später lud ich Gashaw Abeza im Rahmen des Unterrichts zu einer Diskussionsrunde ein, in der wir über seine Erfahrungen bei der Durchführung verschiedener Projekte und über vielversprechende Entwicklungen auf dem Sport-Business-Markt sprachen.

Ein paar Monate später meldete sich Professor Abeza bei mir und teilte mir mit, dass er an einem Lehrbuch mit dem Titel „Social Media in Sport“ arbeite. Er erkundigte sich, ob ich nicht einen Beitrag schreiben wolle. Nach Sichtung der vorläufigen Kapitel stellte ich fest: Es gab bereits viele Beiträge auf unterschiedlichen Ebenen zum Thema Social Media, aber niemand setzte Communities explizit in den Fokus. So stand er dann, mein Beitrag.

Das Lehrbuch „Social Media in Sport“ ist eine Sammlung von Beiträgen vieler internationaler Experten, die sich seit geraumer Zeit intensiv mit der Forschung an der Schnittstelle zwischen Sportmanagement, Marketing und Social Media beschäftigen. Mit dabei ist zum Beispiel auch Dr. Petros Parganas, der Global Head of Football im Digital Marketing Analytics Department von adidas, dessen Branding-Studie zur Nutzung von Instagram in der englischen Premier League wir bereits an anderer Stelle vorgestellt haben. In dem Buch werden eine Vielzahl von Themen - von Relationship Marketing über Branding und Sponsoring bis hin zu Krisenkommunikation und Erfolgsmessung - aufgegriffen.


– Prof. Dr. David Wagner –

MUUUH! Next hat sich auf das Outsourcing des digitalen Dialogs spezialisiert. Wir stehen Unternehmen als zuverlässiger Partner zur Seite, wenn es um die Übernahme von Dialog- und Moderationstätigkeiten geht. Dabei evaluieren wir vorab genau, wie kommuniziert wird, um auch den richtigen Ton zu treffen und auch im digitalen Dialog das Markenversprechen des Auftraggebers zu erfüllen. Wie genau das funktioniert, erläutern wir Ihnen gern in einem persönlichen Gespräch.